Über Hochbegabung und Skeptiker

Ich kenne viele Leute, die aus ihrer Hochbegabung lieber ein Geheimnis machen, damit sie nicht als Streber gelten oder Witze über sie gerissen werden. Da stehe ich inzwischen deutlich drüber. Deswegen sage ich offen: Ich habe vor einigen Jahren einen Intelligenztest unter Aufsicht und mit psychologischer Auswertung "geknackt". Ich habe innerhalb der Zeit alle Fragen fehlerfrei beantwortet. Laut diesem Test ist mein IQ also mindestens 142. Ja, das kommt mir an manchen Tagen auch nicht so vor, wenn ich den Autoschlüssel nicht finde oder ein Name nicht einfällt.

Ich war zehn Jahre lang gerne Mitglied bei Mensa, dem Verein für Hochbegabte Menschen. Dort habe ich viele nette und interessante Leute kennen gelernt, mit denen mich teilweise wirklich nur verbindet, daß wir bei einem Test gut abgeschnitten haben und neugierig sind - und die sich deswegen gegenseitig Dinge erzählen, die man vorher nicht wußte, sowie die Welt mit einem leicht anderen Blickwinkel sieht. Nichts ist erfrischender als eine gut begründete andere Meinung - nicht um ihr zu widersprechen, sondern um die andere Wahrheit in ihr zu sehen. 

Ich bin nebenbei auch Atheist, Skeptiker und jemand, der sich aus Altersmilde nicht mehr auf jede Diskussion einlässt. Die Welt ist nicht schwarz und nicht weiß. Oft nicht mal grau, sondern noch dazu violett. Und Raufaser. Mit Erdbeergeschmack. Und weil ich deswegen zu vielen Dingen nicht einfach "Ja" oder "Nein" sage, gibt es genug Menschen, mit denen ich nicht über Gefälligkeiten hinaus reden kann. Die, die ihre Meinung dogmenhaft gegen Fakten oder Logik verteidigen und glauben, die Dinge seien geklärt. Sind sie nicht und jeder gute Wissenschaftler freut sich, wenn mal etwas falsifiziert wird, denn das ist neues Wissen und hilft weiter. Lebenslanges Lernen heißt nicht nur, jeden Tag was oben drauf legen, sondern auch den ganzen alten Krempel immer wieder zu hinterfragen.

Ich hab mich damit oft in die Nesseln gesetzt (so ein, zwei Mal auch als "career-limiting move"). Aber ich kann mir die Menschen aussuchen, mit denen ich über die Welt diskutieren mag, weil ich inzwischen so viele kluge Köpfe kenne. Das macht mich glücklich.

Was man über den Menschen wissen sollte, haben mir Philip Tetlock und Daniel Kahneman am besten erklärt. Seit dem lebe ich deutlich gelassener, auch mit den eigenen Unzulänglichkeiten, insbesondere aber mit denen von anderen Menschen.

Denn oft genug weiß ich es es tatsächlich besser. Aber lassen wir das.

Das letzte Update dieses Artikels war am 25.4.2023