Projekt "Stasis"

Diese Webseite war schon eine ganze Zeit lang quasi "statisch", es gab hier alle drei Monate mal kleine Updates und keine dynamischen Inhalte. Dann hat es mich im Jahr 2020 immer wieder in den Fingern gejuckt, hier Kommentare zum Weltgeschehen abzuliefern. Aber es wäre alles so negativ gewesen. Eigentlich bin ich ein fröhlicher und optimistischer Mensch, und ich wollte genau das Gegenteil machen.

Deswegen erstmal was positives: 2020 war ein großartiges Jahr für die Wissenschaft. Innerhalb von Monaten konnte sie für ein bisher unbekanntes Virus einen wirksamen Impfstoff entwickeln und mit KI kommen wir der rechnerischen Proteinfaltung immer näher, so daß wir in den nächsten Jahren noch mehr Krankheiten in den Griff bekommen können. Nur wenn wir in der nächsten Dekade die Kernfusion zum Laufen bekommen oder außerirdisches Leben finden, könnten wir das toppen. Ehrlich!

Aber das Jahr 2020 war ein Jahr, in dem ich mehrfach "Nein" sagen musste, was ich am Jahresende und im Rückblick als sehr verstörend empfinde, weil ich zu vielen dieser Dinge erst in den letzten zehn Jahren richtig "Ja" gesagt hatte. Die drei markantesten Beispiele:

Ich war ein gutes Jahr lang Mitglied der FDP, weil die liberale Idee mehr Gewicht in unserer Gesellschaft braucht, und weil die FDP die einzige Partei mit ernsthaftem Interesse an Bildungspolitik zu sein schien. Dann kam der 5. Februar 2020 und sowohl die Bundes-FDP wie auch der Bayerische Landesverband verrieten den grundsätzlichen demokratischen Gedanken, daß jeder Mensch eine gleichberechtigte Stimme hat. Nun durften die Stimmen von 23,4% der Wähler auf einmal nicht mehr gelten. (Nein, ich mag die AfD nicht - aber Demokratie ist Demokratie). Bodo Ramelow ist ähnlich durch eine Wahl legitimiert worden wie Donald Trump im November 2020, aber irgendwie sind da verschobene Maßstäbe in der Berichterstattung und im Vorstand meiner Ex-Partei.

Ich war zehn Jahre lang Mitglied bei Mensa (dem Verein für Hochbegabte), und ich habe dort die Treffen und den Austausch mit anderen Vereinsmitgliedern sehr gemocht. Außerdem habe ich auf der Mitgliederversammlung das eine oder andere Mal mit dem Vorstand gekabbelt, wie man den Protokollen entnehmen kann, aber dies waren verschmerzbare Details. Mensa versteht sich international als unpolitisch und neutral in der Weltanschauung. Vorstandsmitglieder von Mensa in Deutschland aber assozierten den Verein in Social Media auch mit "Black Lives Matter", einer eindeutig politischen Bewegung, was dem Neutralitätsgrundsatz widersprach. (Mensa hat sich in USA selbst nicht mit der BLM-Bewegung assoziiert). Einwände dazu wurden eher absurd beantwortet, weswegen ich meine Mitgliedschaft im Verein kündigen musste und nicht in einem anderen Landesverband Mitglied sein darf (was ich ersatzweise gemacht hätte).

Ich hatte Spotify sehr schätzen gelernt. Technisch funktioniert das Audio-Streaming wirklich richtig gut, auch in Mobilfunknetzen. Auch die Funktion "Daily Drive", bei der meine aktuelle Lieblingsmusik mit Nachrichten und kurzen Podcasts gemischt wird, fand ich eine Zeit lang echt Klasse. Aber dann kam Spotify auf die Idee, beim nicht-Duden-gerechten "Gendern" mitmachen zu müssen und "Künstler*innen" ins Menü zu schreiben. Im November gab Spotify Luisa Neubauer Geld für ihren Klimaschutz-Podcast (welches dann an Klimaprojekte gespendet wurde) und bewarb genau diesen Podcast aggressiv in Social Media (während andere Podcasts wegen Inhalten, die Spotify nicht gefielen, aus dem Programm geworfen wurden). Und dann fiel mir auf, daß die "Nachrichten" bei Daily Drive immer mehr in eine politische Richtung drifteten, die zumindest nicht ausgewogen war. Daher musste ich schweren Herzens mein Spotify-Konto Ende 2020 auflösen. Aus einem tollen Musikdienst ist eine politische Agenda geworden.

Ich bin das Dritte, von dem Sie dachten, es gäbe nur zwei!
(Andreas Rebers)

Wenn ich mich über alle diese Dinge und den ganzen anderen Wahnwitz des Jahres 2020 durch Artikel auflehnen wollte, würde mich das zwischen den Mühlsteinen der Rechten und Linken zerreiben. Jede Stimme der Skepsis und Vernunft ist gleich ein "Leugner", es wird geschimpft und angeschwärzt - ich habe es im engeren Umkreis gesehen, daß man einem Ex-Kollegen mittels Denunziation das Wort entziehen lassen will.

Nun bin ich in der glücklichen Lage, keine Existenzsorgen zu haben. Und ehrlich, mit 55 darf ich auch einfach (solange es noch erlaubt ist) die Früchte meiner Arbeit genießen, und meinen beiden inzwischen volljährigen Kindern dabei zusehen, wie sie auf ihre eigene Art und Weise Erfolg haben (Mein Sohn arbeitet für einen Astronauten! Meine Tochter spielt mehr Musikinstrumente als in ein Jugendzimmer passen!). Deswegen hab ich beschlossen, einfach meinen Mund (sowie Tastatur und Maus) zu halten. Ich bin ein zu kleines Licht, um was zu ändern und ich habe fast vierzig Jahre online Diskussionen geführt, das reicht. Also finden Sie hier auf der Webseite einen kurzen Überblick, was öffentlich sichtbar in meinem Leben bis Ende 2020 los war, und das war's dann auch schon. Den Rest der Zeit mache ich dann mit Familie und Freunden einfach nette und positive Sachen. Und für uns alleine - ohne Selbstdarstellung im Internet.

Live long and prosper!

Ja, das ist ein Känguruh und ja, es lebt und döst vor sich hin. Mit dem Motiv hatte ich Freunden ein "Easy 2020" gewünscht. Ha!

Das letzte Update dieses Artikels war am 19.1.2022